“Ich bin aber keine UI Designerin!” – diesen Satz habe ich in den letzten Jahren öfter gesagt. Ich stehe dahinter: Weder bin ich als visuelle Designerin ausgebildet, noch hat es sich bisher als meine größte Stärke herausgestellt. Zwischen “Es ist nicht meine größte Stärke” und “Ich kann das nicht” ist aber durchaus Spielraum.
Der Spielraum ist dort relevant, wo die Rolle der UI Designerin pragmatisch besetzt werden muss. In diesem Artikel zeige ich ein Projekt, in dem meine UI Design Skills wichtig – und fürs Erste ausreichend – waren.
Case: Initiative GemEinsamkeit
Die Initiative GemEinsamkeit ist eine Bewegung, die als Netzwerk für Expert*innen im Thema Einsamkeit sowie als Multiplikatorin für die Entstigmatisierung von sozialer Isolation funktionieren soll. In 2022 gibt es dafür zunächst eine Eventreihe, in der Expert*innen aus Deutschland zum Austausch und Wissenstransfer angeregt werden.
Mit diesem Wissensstand startete ich Ende 2021 als ehrenamtliches Mitglied neben meiner damaligen Festanstellung. Meine Aufgabe sollte sein, das Vorhaben der Initiative und den Veranstaltungsplan in ein Website-Konzept zu übersetzen.
Benchmarking Website-Stories
Projekte gegen Einsamkeit
Modul-Recherche
Informationsarchitektur für Events
Wie üblich begann ich den Job mit Recherche und Benchmarking anderer, internationaler Initiativen. Anders als bei anderen Jobs waren unsere technischen Limitationen aber von Anfang an recht groß – als bis dahin vollständig ehrenamtliche Initiative hatten wir weder Zeit noch Geld für eine aufwendige Entwicklung. Unser Entwickler griff daher auf ein bekanntes CMS mit Pagebuilder zurück; ich hatte ein Set an Modulen statt einer “grünen Wiese” vor mir.
Noch während ich die Informationsarchitektur für die Startseite in Wireframes aufbaute – Slogan, Mission Statement, Speaker, Event Plan – fühlte ich, dass ich diesem Herzensprojekt mehr mitgeben wollte als “nur” einen schlüssigen Seitenaufbau mit einer guten Story. Ich wollte, dass sich die Website auch mit dem einfachen Setup klar von anderen abhebt. Dare I say it? Ich wollte ein Branding kreieren. Oder zumindest den Anfang davon.
Und plötzlich entwickelte ich Website-Looks.
Ja, ich! Natürlich ist es nicht so, dass ich gar keine Ahnung von Gestaltung hätte – ich habe meine halbe Jugend in Photoshop verbracht, mehrere Praktika im Bereich Mediengestaltung absolviert und jahrelang in Zweier-Teams mit exzellenten Art Director*innen und UI Designer*innen gearbeitet.
Genau deshalb komme ich mir aber auch immer ein bisschen illegal vor, wenn ich gestalte: ich habe extrem hohe Ansprüche. Obwohl ich in meiner letzten Festanstellung ebenfalls für UI Design zuständig war, fühlt es sich so an, als sei es eben nicht ganz mein Bereich. Für die Initiative GemEinsamkeit überwand ich meine Bedenken: ich packte die Aufgabe an und holte mir unterwegs Feedback von ein paar Bekannten, die professioneller gestalten als ich.
Mir war zunächst wichtig, vom generischen Look des Website-Baukastens wegzukommen. Ein einfach zu implementierendes Unterscheidungsmerkmal waren schräg eingezogene Farbflächen.
Außerdem wollte ich eine Farbwelt schaffen, die dem Thema und dem Ziel der Bewegung gerecht wird. Ich experimentierte mit einer Hell-Dunkel-Kontrastwelt für eine zeitgemäße Marke, mit neutralen, schlichten Tönen für eine politisch ausgerichtete Initiative und warmen, kräftigen Farben für eine junge, energische Bewegung aus der Zivilgesellschaft.
Und das Ergebnis sieht gar nicht so kacke aus. (?)
Letztendlich entschieden wir uns im Team für die farbkräftigste Route – die Emotionalität von (Gem)Einsamkeit und das Ziel der Bewegung transportierten sich für uns am besten durch Farben, die Wärme und Zuversicht ausstrahlen.
Fazit: Das eigene Imposter Syndrome zu überwinden lohnt sich. Gerade abseits von kommerziellen Projekten bietet sich so der Raum, sekundäre Fähigkeiten zu üben und auszubauen.
Widerspruch, Korrekturen und anderes Projekt-Feedback von echten UI Designer*innen nehme ich gerne an! 😉
S.
1 comment